Zuständigkeit der Einigungsstelle
Eine Einigungsstelle kann tätig werden, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat dies gemeinsam wünschen. Eine Einigungsstelle kann aber auch von Arbeitgeber oder Betriebsrat dem anderen aufgezwungen werden, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist.
Freiwillige Einigungsstelle
Natürlich bleibt es dem Betriebsparteien (Arbeitgeber und Betriebsrat) unbenommen, in allen Konfliktfällen die Lösung über eine Einigungsstelle zu suchen. Genauso wie sich verabreden können, heute Abend mal eine Pizza zusammen zu essen, genauso freiwillig können sie auch eine Einigungsstelle einrichten. Dies ist aber eher selten der Fall.
Dieses Einvernehmen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber muss für die gesamte Dauer des Einigungsstellenverfahrens bestehen. Widerruft einer seine Zustimmung, ist das freiwillige Verfahren beendet.
Auch dann, wenn dieses Einvernehmen bis zu Ende fortbesteht, ist der Spruch der freiwilligen Einigungsstelle zunächst unverbindlich. § 76 Abs.6 Satz 2 BetrVG. Bindende Wirkung entfaltet er nur bei vorheriger Unterwerfung oder nachträglicher Annahme. Beides kann formlos erklärt werden. Aber wie stets setzt dies auf seiten des Betriebsrats einen Beschluss voraus (§ 33 BetrVG).
Erzwingbaren Mitbestimmung durch die Einigungsstelle
In der Praxis von weit größerem Interesse ist, in welchen Fällen Arbeitgeber oder Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen können. In diesen Fällen können sie also notfalls auch gegen den Willen des anderen über die Einigungsstelle eine Entscheidung des Konflikts suchen.
Üblicher Sprachgebrauch: die "Einigungsstelle anrufen" meint, eine Einigungsstelle errichten
Die Einigungsstelle beschäftigt sich in den meisten Fällen mit Regelungsstreitigkeiten, wie Regelungen der betrieblichen Arbeitszeit, Urlaubsplanung, Sozialeinrichtungen.
Aber auch Rechtsfragen fallen in den Aufgabenbereich der Einigungsstelle, soweit das Gesetz dies vorsieht: so ist im Bereich der Schulungsmaßnahmen nach § 37 Abs.6 und 7 BetrVG das Gesetz zu interpretieren, nicht neues Recht zu schaffen.
In folgenden Fällen sieht das Gesetz die erzwingbaren Mitbestimmung durch die Einigungsstelle vor:
- Schulungs- und Bildungsveranstaltungen für Mitglieder des Betriebsrats, § 37 Abs.6f. BetrVG und der Jugend- und Auszubildendenvertretung, § 65 Abs.1 BetrVG
- Freistellung von Mitgliedern des Betriebsrats, § 38 Abs.2 BetrVG
- Zeit und Ort der Sprechstunden des Betriebsrats, § 39 Abs.1 BetrVG und der Jugend- und Auszubildendenvertretung, § 69 BetrVG
- Reduzierung der Zahl der Mitglieder in Gremien wie Gesamtbetriebsrat, Konzernbetriebsrat und Jugendvertretungen, §§ 47 Abs.6, 72 Abs.6 BetrVG
- Berechtigung der Beschwerde eines Arbeitnehmers, § 85 Abs.2 BetrVG
- Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, § 87 Abs.2 BetrVG, einschließlich Fragen der Arbeitszeit, des Urlaubs, der technischen Überwachung, Leistungslohn, usw.
- Maßnahmen bei Änderung von Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung, § 91 Satz 2 BetrVG
- Mitbestimmung bei Personalfragebögen, persönlichen Angaben in Formulararbeitsverträgen und bei Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze, § 94 Abs.1, 2 BetrVG
- Mitbestimmung bei Auswahlrichtlinien, § 95 Abs.1 und 2 BetrVG
- Mitbestimmung bei Durchführung und Teilnehmerauswahl von betrieblichen Bildungsmaßnahmen, § 98 Abs.4 BetrVG
- Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten, § 109 BetrVG
- Aufstellung eines Sozialplans, § 112 Abs.4 BetrVG.
- Bestimmte Streitfragen im Zusammenhang mit Seebetriebsräten, § 116 Abs. 3 Nr 2, 4, 8 BetrVG
- Bestellung und Abberufung der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie Erweiterung oder Einschränkung ihres Aufgabenbereichs, § 9 Abs.3 ASiG
Hier könnte die Einigungsstele vieles regeln: z.B. Arbeitszeiten
Hier ist zu beachten, dass Interessenausgleich und Sozialplan regelmäßig gemeinsam verhandelt werden. Der Interessenausgleich selbst ist jedoch nicht durch einen Spruch der Einigungsstelle zu entscheiden. Einigen sich die Parteien über einen Interessenausgleich, so handelt sich um eine freiwillige Vereinbarung. Diese muss von dem Betriebsparteien also noch gebilligt werden; zu beachten ist wiederum, dass auf seiten des Betriebsrats hierzu ein Beschluss erforderlich ist.
“Instanzielle” Zuständigkeit
Neben der Frage, ob überhaupt eine Einigungsstelle angerufen werden kann, stellt sich in einigen Fällen noch zusätzlich die Frage, ob dies die richtige Einigungsstelle ist.
Es liegt auf der Hand, dass ein Gesamtbetriebsrat keine Einigungsstelle anrufen kann zu Fragen, die gar nicht in seine Regelungskompetenz fallen.
Wenn es um Fragen geht, für die ein örtlicher Betriebsrat zuständig ist, so kann auch nur der örtliche Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen und mit eigenen Beisitzern besetzen. Und dies gilt natürlich auch umgekehrt.
Und der Arbeitgeber kann so auch nicht eine Einigungsstelle mit dem Betriebsrat bilden, mit dem es sich für ihn angenehmer verhandeln lässt.
Entscheidung über die Zuständigkeit der Einigungsstelle
Ob eine Einigungsstelle überhaupt zuständig ist für die hier zur Verhandlung und eventuell Entscheidung vorgelegte Frage, wird zu unterschiedlichen Zeitpunkten, insgesamt dreimal, geprüft:
Arbeitsgericht - im Bild das Arbeitsgericht Bonn vom Garten aus - entscheidet per Beschluss
Wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist, so hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Errichtung einer Einigungsstelle abzulehnen.
Zu Beginn ihrer Tätigkeit muss die Einigungsstelle über ihre Zuständigkeit selbstständig entscheiden.
Schließlich kann das Ergebnis der Einigungsstelle, sei es eine einvernehmliche Entscheidung oder ein streitiges Spruch der Einigungsstelle, im beschränkten Umfang gerichtlich überprüft werden. Hier hat das Arbeitsgericht dann die Zuständigkeit umfassend zu prüfen, also nicht nur unter dem Gesichtspunkt der offensichtlichen und Zuständigkeit der Einigungsstelle.
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